Dienstag, 22. Februar 2022

Als die Linken zu Rechten wurden.

 Einige meiner Freunde sind typische Linke - gewesen, muss ich sagen.

Früher setzten sie sich für Minderheiten ein, gingen für Demokratie und Grundrechte auf die Straße - zum Beispiel jeden Donnerstag  gegen die Entdemokratisierungsbestrebungen der rechten schwarz-blauen Regierung.

Es galt als typisch links, die Medien wegen einseitiger Berichterstattung und die Industrie wegen neoliberaler Tendenzen zu kritisieren.

Das war vor 20 Jahren und ist lange her.

Irgendwie hat sich die Welt auf eine seltsame Weise umgedreht: Nein, es sind nicht mehr die Linken, die für Grundrechte auf die Straße gehen, sondern die Demonstranten werden nun als Nazis bezeichnet ("Wer mit Nazis marschiert, ist Nazi" - Dass hier genau unterschieden wird, sei am Rande erwähnt. Als bei den "Guten Demos", z.B. beim Lichtermeer, Nazis mitmarschierten, dann wurde das ignoriert, geschenkt, egal.)

Wie konnte es passieren, dass wir zwar eine der rechtesten Regierungen haben, an die ich mich erinnern kann, und gleichzeitig diejenigen, die dagegen demonstrieren, werden als rechtsradikal bezeichnet?

Solidarität ist das Zauberwort, die Rattenfängerformel, mit der die Linken kassiert wurden. .Die Politik rief: "Sei solidarisch" - und völlig unreflektiert folgten die meisten (nicht alle!), sie folgten in Scharen und freiwillig -  direkt ins Rechte Lager. Vermutlich empfinden sie es selbst nicht, das wäre ja unerträglich. Ich bin doch links, aber einschränkende Maßnahmen sind gut. Ich bin links und da die Mehrheit für eine Impfpflicht ist, muss sich die Minderheit beugen - aus Solidarität. Es ist links geworden, dass sich die Minderheit der Mehrheit beugen muss. 

Darfs ein bisser linker ... oder rechter sein? Bist du nicht freiwillig willig, dann musst du eben gezwungen werden. Es gehört ein Gesetz her, wir werden es dir schon ungemütlich machen und dich aus dem gesellschaftlichen Leben aussschließen und auch noch finanziell bluten lassen. 

Ist das wirklich links?

Ja, sei solidarisch und lass dich impfen. Für uns, für die Vulnerablen. Dass die praktisch durchgeimpft sind - egal. Sei solidarisch. Dass die Corona-Impfung auch nicht im Gegensatz zu den Pocken-, Masern- und Gelbfieberimpfungen gegen Ansteckung und Verbreitung der Krankheit schützt, sondern nur den Krankheitsverlauf mildert - egal. Sei solidarisch! Mit den armen KrankenhausmitarbeiterInnen. Da gibts Leute, die mit der Zigarette im Mund nach Solidarität mit den Intensivärzten schreien - Tja, wenns um die eigenen intensivstationenbelastenden Laster geht, da ist es plötzlich vorbei mit der Solidarität. Oder während sie ihr Motorrad polieren für die erste Ausfahrt - der Ausdruck Organspender ist die zynische Beschreibung der Statistik, mit der sie am 1. Mai die Intensivstationen belegen. Oder sie stopfen das Schnitzl in den übergewichtigen Körper. Ja, wenns um die eigene Solidarität geht, da müssten SIE ja was tun. Nei, IHR sollt solidarisch sein.

Solidarität bedeutet: Du musst solidarisch sein mit MIR. 

Oder: Was Solidarität bedeutet, bestimme ICH.

Stolz präsentieren junge, kräftigen Unvulnerable ihren Dreifachbooster - was eigentlich der Gegenentwurf der Solidarität ist - in vielen Ländern dieser Welt haben die Vulnerablen noch nicht einmal den ersten Stich. Lerne: Die Solidarität gebührt nur den reichen Nationen, bei den Armen hört sie auf. Heißt im Klartext: "Die Vulnerablen da unten sind mir egal, ICH will geschützt werden".

Jetzt gibt es aber eine grausliche Begleiterscheinung. In jeder Pandemie gibt es Sündenböcke.  Und die waren schnell gefunden. Es sind die Ungeimpften, immerhin 1/4 der Bevölkerung, die sind schuld an allem. Die Regierung hat sie schnell ausgemacht und verkündet. Und die ehemals Linken sind der Befehlsausgabe artig gefolgt und beteiligen sich begeistert an der Diskriminierung der Ungeimpften. 

Gabs da nicht einst den Begriff "Schutz der Minderheit", irgendwo, in den Tiefen der demokratischen Grundregeln? Wurscht. Abgeschafft. Denen sollen am besten alle Rechte weggenommen werden, sogar das Recht auf Leben (das ist nämlich die Folge für die Forderung: "Die Ungeimpften sollen im Krankenhaus nicht behandelt werden". Für solche Posts hats ziemlich viele Likes der Unmenschlichkeit gegeben.) Das ist Links? Früher war das einmal typisch rechtsextrem.

Diese Minderheit ist also schuld, dass MEINE Impfung nicht wirkt. Dass wegen der gegen Ansteckung und Übertragung unwirksamen  Impfung auch die Geimpften in den Lockdown müssen: Die Ungeimpften sind schuld, dass ich trotz Impfung das Virus spreaden kann.

Und diese Minderheit, die muss jetzt leiden. Die sind böse, wir sind die Guten, wir sind die Solidarischen, die Ungeimpften sind unsolidarisch. 

Hämisch wird die Regierung beklatscht, die diese Minderheit drangsaliert:

1) monatelang werden sie aus dem gesellschaftlichen Leben mittels Hausarrest ausgegrenzt.
2) Für Politiker sind si nicht mehr als Menschengruppe existent, es sind entmenschichte "Coronaleugner" usw.
3) Sogar Sozialleistungen werden gestrichen.
Politische Funktionäre schlagen vor, Ungeimpfte nicht im Spital zu behandeln.
Und das, obwohl man nachweislich gesund ist. 
 
Und das alles ist kein rechtes Gedankengut?
Und hier machen die ehemals Linken  begeistert mit?

Wo ist die Solidarität mit dieser ausgegrenzten, diskriminierten Gruppe?
Was ist mit den Entdemokratisierungstendenzen?
Wieso vertraut Ihr plötzlich Big Pharma? 
Wo ist die Medienkritik?

Was ist los mit Euch Linken? Wieso seid Ihr auf einmal rechts geworden?

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